
Vom Fan zum Präsident
Hans-Peter Strebel hat mit einem MS-Medikament Millionen verdient und versucht nun als EVZ-Präsident seinen Club erfolgreich zu machen.
Hans-Peter Strebel ist ein Mann, der aus Entzückung flucht. «Gopfriedstutz», tönt es aus dem Telefonhörer, es ist Mittwoch in der Früh, der Morgen nach dem ersten Halbfinal-Spiel. Der emotionale Ausbruch überrascht, er kommt aus dem Mund eines 67-Jährigen, den die Menschen in Zug als ruhig und besonnen bezeichnen. Strebel schwärmt vom Spiel gegen Davos. Hin und her gings, hochstehend wars. Die Nerven. «Gopfriedstutz» – es ist einer von zwei Flüchen im Laufe des Gesprächs.
Strebel ist seit Ende 2015 Präsident des EV Zug. Als Erfinder eines Medikaments gegen multiple Sklerose (MS) kam er zu Millionen. Das Leben hat es gut gemeint mit ihm, nun meint er es gut mit den Zugern.
Ein Olympiasieger in der Loge
Ein Tag zuvor. Das zweite Drittel geht gerade zu Ende, vor den Logen im VIP-Bereich herrscht ein Durcheinander, Gastroleute bringen Nachschub, CEO Patrick Lengwiler huscht durch die Gänge. «hp, Luzern» steht an der Wand auf einem Schildchen. Der Eingang zur Loge von Strebel. Luzern ist der Wohnort des Mannes, den in Zug alle nur «HP» nennen. Manchmal spricht selbst Strebel vom «HP». In der Loge sind Familienmitglieder, aber auch Gian Gilli, EVZ-Verwaltungsrat, und Mario Gyr, Olympiasieger im Rudern. «Der HP ist eine Wahnsinns-Persönlichkeit», sagt Gyr, er werde den Spitzensport in Zug verändern.
Nun, dessen Lebenslauf legt dies nahe. Strebel hat von seinem Vater einst die Apotheke im ländlichen Muri übernommen. Alle Kunden kannte er persönlich, «keinen Seich» hätte er sich damals erlauben können. Strebel führte 1978 als erster Schweizer Apotheker ein EDV-System ein, er setzte auf ein Robotersystem, sodass in den 90er-Jahren Medikamente vollautomatisch per Förderband an den Verkaufstisch gelangten. 1979 tat er sich mit Studienkollegen zusammen, um über neue Medikamente nachzudenken. Sie diskutierten und überlegten, die Laborarbeit aber gaben sie an Universitätskliniken weiter. 1994 kam die erste Zulassung für ein Mittel gegen Schuppenflechten, dann nahmen sie sich des Themas MS an. Der Wert der Firma stieg, sodass Strebel sie 2006 für 220 Millionen Franken an Biogen verkaufte. 2013 kam schliesslich das MS-Medikament auf den Markt. Vom Erlös profitiert nun auch der EV Zug.
Einst ein frierender Zuschauer
Es gibt Präsidenten im Sport, die frönen ihrem Amt wegen der Annehmlichkeiten. Und es gibt Clubbosse wie Strebel. Immer wieder winken ihm Leute aus dem Publikum zu, der Pensionär könnte in der Bossard-Arena Tausende Hände schütteln. Doch er überlässt das seinem CEO Lengwiler («Dafür ist er angestellt»). Die Bekanntheit im Stadion hat ihre Gründe: Bereits 1967 stand Strebel auf der offenen Eisbahn in der Zuger Herti. Als Fan. Meist Stunden vor Spielbeginn, um sich noch einen Platz zu sichern. Brot und Kaffee halfen beim Warten. In Muri gründete er einen Fanclub und organisierte Busse an die Spiele. 1. Liga, NLB, NLA – Strebel kennt die Ligen als frierender Zuschauer. 50 Jahre später ist er nun Präsident.
Sein Leben zeigt, Strebel denkt langfristig, Geduld ist Teil davon. Finanzierungen von Spielern aus seiner Tasche sind Tabu. «Kein Franken fliesst in die erste Mannschaft, das wäre nicht nachhaltig.» Strebel investiert in die Zukunft. In den Nachwuchs und in die Infrastruktur. 2014 zahlte er drei Millionen Franken in die Zuger Hockey Academy. Talentierte Junioren bekommen darin während vier Jahren eine Rundum-Versorgung auf höchstem Niveau. 2022 soll die Hälfte der ersten Mannschaft aus Academy-Spielern bestehen. Teil des ambitiösen Plans ist auch das Farmteam, das seit dieser Saison in der NLB spielt und den Jungen den Sprung in die höchste Stufe erleichtern soll.
Und da ist das Projekt Oym, bei dem Ruderer Gyr Botschafter ist. Oym steht für «on your marks» – auf die Plätze. Ein von Strebel initiiertes und finanziertes sportarten-unabhängiges Athletikzentrum in Cham. Nicht für den Breiten-, sondern nur für den Spitzensport gedacht. 2019 soll es fertig sein und dem EV Zug Zugang zu besten wissenschaftlichen Quellen geben.
Strebel ist ein Fan, der altruistische Züge hat, aber stets strategisch denkt. Er will den geraden Weg zum Ziel gehen (und wurde darum nicht Politiker). Ziel in Zug ist der Meistertitel, Captain Fabian Schnyder sagte der NZZ, sie hätten «die Schnauze voll», dass immer die gleichen oben seien. Strebel gibt sich gemässigter: «Sportlicher Erfolg ist das eine, doch die regionale Verankerung scheint mir fast wichtiger.» Mit der Academy sei nun ein Grundstein gelegt. «Es kann nur gut kommen», sagt Strebel.
Spieler verneigen sich vor ihm
Angestellte erzählen, Strebel statte ihnen mehrmals pro Woche einen Besuch im Büro ab und sei stets für einen Schwatz zu haben. Spieler berichten, dass er vor oder nach jeder Partie in die Kabine komme und ihnen gut zuspreche. Nach dem letzten Meisterschaftsspiel brachte er eine Ladung Mohrenköpfe vorbei. «Wenn sich alle wohlfühlen, dann bringen sie auch mehr Leistung», sagt Strebel. Das wird geschätzt, es gibt die Szene Anfang Saison vom Farmteam aus der NLB, das stets vor drei-, vierhundert Leuten spielt. Die Partie war zu Ende, die Spieler fuhren Richtung Loge, Strebel war oben und klatschte – die Spieler verneigten sich.
Bleibt noch der zweite Fluch: Er kommt, als das Gespräch auf das Thema Musik wechselt. Strebel hat an diesem Mittwochmorgen Saxofon gespielt. 30 Minuten lang, «All Blues» und «Watermelon Man» – zwei Jazz-Klassiker. Das Gespräch kommt auf Charlie Parker, diesen wunderbaren Saxofonspieler. Es sei faszinierend, wie schnell der spielen könne. «Heilandsack.»